(sinngemäß "Gott segne Afrika")
Das vorwiegend in Afrika verbreitete Lied wurde 1897 von Enoch Mankayi Sontonga geschrieben, einem Lehrer an einer methodistischen Missionsschule in Nancefield bei Johannesburg. Im 20. Jahrhundert wurde Nkosi Sikelel’ iAfrika zunehmend als politisches Lied und Protestlied wahrgenommen, anschließend zur Nationalhymne mehrerer afrikanischer Staaten. Zudem wurden Auszüge in die neuerschaffenen Nationalhymnen Sambias und Südafrikas integriert.
Sowohl die ursprünglichen xhosassprachigen Worte als auch die Musik stammen aus Sontongas Feder. Das Manuskript ist verschollen. Erhalten sind mehrere Publikationen, die ab 1927 erschienen sind und nachweislich Änderungen durch weitere Persönlichkeiten enthalten. Mit Hilfe dieser Dokumente lässt sich ein zweistrophiges Gedicht als Urtext konstruieren, dieser kann sinngemäß wie folgt übersetzt werden:
Nkosi sikelel’ iAfrika Herr, segne Afrika
Malupakam’ upondo lwayo Möge sein [Afrikas] Horn aufsteigen
Yiva imithandazo yethu Erhöre unsere Gebete
Usisikelele Und segne uns
Yihla Moya, yihla Moya, Steige auf Erden hernieder, o Heiliger Geist
Yihla Moya Oyingcwele Steige auf Erden hernieder, o Heiliger Geist
Die Komposition weist den Einfluss von drei Gattungen auf, die schon seinerzeit in Südafrika verbreitet waren, nämlich traditionellen afrikanischen Klageliedern, europäischen Kirchenliedern sowie Spirituals. Das Gedicht findet bei allen drei Genres Gemeinschaft. Nicht zuletzt ist der Begriff „segnen“ sowohl dem Christentum als auch traditionellen Afrikanischen Religionen inhärent. Für den Einfluss europäischer Kirchenlieder sprechen zudem die Rhythmik sowie die von Dur-Moll-Tonalität geprägten Melodik und Harmonik. Weiterhin ähnelt die Melodie jener von Joseph Parrys Hymne "Aberystwyth" (auch "Jesus, Lover of My Soul" genannt, Erstveröffentlichung 1879). Dennoch ist nicht feststellbar, ob Sontonga "Aberystwyth" gekannt hat. Mit traditionellen afrikanischen Klageliedern sowie mit Spirituals verbindet "Nkosi Sikelel’ iAfrika" zudem der Einbau von Call and Response. Aufgrund der Verschollenheit des Manuskripts ist die ursprüngliche Instrumentation nicht bekannt. Beschreibungen der damaligen Aufführungspraxis lassen darauf schließen, dass Sontonga das Werk als vierstimmige a capella Lied ohne Instrumentalbegleitung niedergeschrieben hat.
Bei der Interpretation sind die damaligen Verhältnisse in Südafrika zu berücksichtigen. Sontongas war Zeuge mehrerer erschütternder Ereignisse, darunter des Neunten Kapgrenzkrieges (1877-1879), des Ersten Burenkrieges (1880-1881) und der Pockenepidemien (1882-1902). Diese Begegnisse wurden von zunehmender Segregation begleitet. Im Jahr der Komposition von "Nkosi Sikelel’ iAfrika" fand der Angriff auf Mohandas Karamchand Gandhi in Durban statt. Zwei Jahre später sollte zudem der Zweite Burenkrieg ausbrechen. Musik tröstete, machte Mut, förderte Annäherung und Zusammenhalt. Interessanterweise enthält Sontongas Liedtext keine expliziten Hinweise auf eine spezifische Bevölkerungsgruppe.
Sontonga führte "Nkosi Sikelel’ iAfrika" regelmäßig mit dem Schulchor auf. Anschließend inkorporierte der von John Langalibalele Dube gegründete Zulu Ohlange Choir das Lied in sein Repertoire. Hinzukam das Zusammenspiel von Migration, Musikausübung und Austausch. Die blühende südafrikanische Wirtschaft hat Menschen aus unterschiedlichen (vorwiegend afrikanischen) Regionen gelockt, das Musikleben war entsprechend vielfältig. So entstanden mehrere Neufassungen von "Nkosi Sikelel’ iAfrika", die größtenteils mündlich weitergegeben wurden, anschließend den Weg in verschiedene Gebiete fanden; der Liedtext wurde nach und nach u.a. ins Chewa bzw. Nyanja, Ndebele, Shona, Südliche Sotho, Suaheli, Tsonga und Zulu übersetzt. Bis heute werden bei verschiedenen Anlässen diverse Fassungen aufgeführt. 1927 erweiterte Samuel Edward Krune Mqhayi das xhosasprachige Original von Sontonga um sieben Strophen, wobei sich eine Umdichtung der ursprünglichen zweiten Strophe zum Refrain ergab. Mqhayis Fassung wurde anschließend gemeinsam mit Sontongas Musik veröffentlicht.
Die Aufführungspraxis und Rezeption von "Nkosi Sikelel’ iAfrika" sind eng mit Politik verbunden. Am 8. Januar 1912, anlässlich der Gründung des South African Native National Congress (ab 1923 African National Congress, kurz ANC) wurde "Nkosi Sikelel’ iAfrika" gesungen. 1925 erklärte die Organisation das Lied zur Parteihymne. Durch etliche weitere Ansätze hat der ANC zur Popularisierung von "Nkosi Sikelel’ iAfrika" in Afrika und Europa beigetragen. Zudem besteht eine Verbindung zwischen dem ANC und der ältesten erhaltenen Tonaufnahme: Parteimitbegründer Solomon Tshekisho Plaatje sang das Lied 1923 in London ein, als Klavierbegleiterin wirkte Sylvia Colenso mit. 1961 erhielt der ANC-Präsident Albert John Luthuli als erster Afrikaner den Friedensnobelpreis. Luthuli schloss seinen Nobel Lecture mit einer Soloaufführung von "Nkosi Sikelel’ iAfrika" ab, viele Anwesenden stimmten ein. Mehrere weitere politische Organisationen haben ebenfalls zur Verbreitung des Liedes beigetragen. Nicht unerwähnt bleiben dürfen die Leistungen jener Glaubensgemeinschaften, die Neufassungen von "Nkosi Sikelel’ iAfrika" adoptiert haben. Zu diesen zählt die in Angola, Botswana, der Demokratischen Republik Kongo, Malawi, Mosambik, Sambia und Simbabwe vertretene Apostolic Church of John Maranke.
Ab den 1960er Jahren war "Nkosi Sikelel’ iAfrika" zu verschiedenen Zeitpunkten Nationalhymne Ciskeis, Gazankulus, Namibias, Sambias, Simbabwes, Südafrikas (gemeinsam mit "Die Stem van Suid-Afrika"), Tanganjikas und Transkeis. Den jeweiligen Kriterien entsprechend wurden offizielle Versionen bzw. Übersetzungen des Liedtextes erlassen. So wurde beispielsweise in Simbabwe die ndebele- und shonasprachige Fassung "Ishe Komberera Africa" (auch "Ishe Komberera Zimbabwe") gesungen. Die suahelisprachige Fassung "Mungu ibariki Afrika" ist seit 1964 weiterhin Nationalhymne Tansanias. In Sambia wurden ’1973 das originäre Gedicht "Stand and Sing of Zambia, Proud and Free" mit der Musik Sontongas vereint. 1995 wurden Auszüge aus "Nkosi Sikelel’ iAfrika" mit jenen aus "Die Stem van Suid-Afrika" zur neuen Nationalhymne Südafrikas vereinigt.
Obengenannte Entwicklungen erlauben eine dreifache Bezeichnung von "Nkosi Sikelel’ iAfrika" als Kirchenlied, politisches Lied und Protestlied.
"Nkosi Sikelel’ iAfrika" wurde mehrfach bearbeitet. So enthält beispielsweise der Soundtrack zur Filmbiografie "Schrei nach Freiheit" (1987, Regie Richard Attenborough) eine Version für gemischten Chor und Orchester. Während diese und die meisten weiteren Vokal- und Instrumentalfassungen an die Tonsprache Sontongas angelehnt sind, haben Oliver Mtukudzi (1980), Prophets of Da City (1993) und Boom Shaka (1998) jeweils eine Reggae-, HipHop- und Kwaito-Version vorgelegt. Weiterhin wurde "Nkosi Sikelel’ iAfrika" in diversen Musikwerken zitiert. Einige Versionen von Peter Gabriels "Biko" (Erstveröffentlichung 1980) enthalten jeweils ein oder mehrere Zitate. In der Erstversion eines weiteren Anti-Apartheid-Protestliedes, nämlich "Weeping" (1987) von Bright Blue, ist ein Teil der Melodie als Zwischenspiel zu hören. Nicht zuletzt beginnt der Anti-Rassismus-Song "No More" (2015) eines namenlosen südafrikanischen Künstlerkollektivs mit den Anfangsworten des Liedes von Sontonga. In einigen sinfonischen Kompositionen erklingen Auszüge aus "Nkosi Sikelel’ iAfrika" und jene aus "Die Stem van Suid-Afrika" gleichzeitig, ähnlich wie im Quodlibet. Dieses fällt auf weil die beiden Lieder von vielen Menschen als Gegenpole wahrgenommen werden und wurden. Zu den betreffenden Werken zählen "Suid-Afrika – Nag en Daeraad" ("Südafrika – Nacht und Tagesanbruch", 1966) von Hubert du Plessis, "Overture for a Festive City: Johannesburg 100 Years" (1986) von Carl van Wyk und "Images from Africa: A Choral Symphony" (1987, revidiert 1992) von Christopher Langford James. Zeittafel (2)
1956 9. August Im Rahmen einer friedlichen organisationsübergreifenden Anti-Apartheid-Demonstration versammeln sich 20 000 Frauen vor dem Unionsgebäude in Pretoria. Nach der Übergabe der Petitionen schweigen die Demonstrantinnen 30 Minuten lang und singen anschließend "Nkosi Sikelel’ iAfrika" sowie "Wathint’ abafazi, wathint’ imbokodo" ("Eine Frau antasten heißt einen Felsen antasten"). 1997 10. Oktober In Pretoria wird die neue Nationalhymne Südafrikas amtlich bekannt gegeben. Das Werk vereint Auszüge aus den beiden ehemaligen Staatshymnen "Die Stem van Suid-Afrika" und "Nkosi Sikelel’ iAfrika". Kontext
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Stand: 11.10.2024, letzte Änderung: 26.09.2024
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