In der Regel besteht das Seufzermotiv aus einem Sekundschritt abwärts, seltener auch aufwärts. Es können auch größere Intervalle verwendet werden. Für die Charakterisierung von zwei einander folgenden Tönen als Seufzermotiv ist vor allem die Artikulation entscheidend: Der erste Ton wird deutlich betont und der zweite ungebunden, unbetont und leiser gespielt oder gesungen. Das Seufzermotiv wird als Ausdrucksmittel seit dem Barock verwendet, um Schmerz, Trauer, Angst, Verzweiflung, mitunter auch freudige Erregung auszudrücken.
Einige Kompositionen enthalten jeweils zahlreiche Seufzermotive, die die Grundstimmung prägen. Beispiele sind die Klaviersonate f-Moll K 466 von Domenico Scarlatti, das "Lacrimosa" (aus dem Requiem KV 626) von Wolfgang Amadeus Mozart, der "Tanz der Stunden" (aus der Oper "La Gioconda") von Amilcare Ponchielli und "Ich bin der Welt abhanden gekommen" (aus den "Rückert-Liedern") von Gustav Mahler. Mit dem Mannheimer Seufzer entwickelten die Komponisten der Mannheimer Schule einen eigenen Typus des Seufzermotivs. Die Konzertetüde S 144 Nr. 3 von Franz Liszt führt den italienschsprachigen Beinamen "Un sospiro" ("Ein Seufzer"), für dessen Entstehung die vielen vom Komponisten integrierten Seufzermotive vermutlich maßgeblich waren.