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Worlds of Music

Irish Melodies (Thomas Moore)  aus: WORLDS OF MUSIC

Die von Elementen irischer Kultur inspirierten Kunstlieder sind in den Jahren 1807 bis 1834 entstanden. In den ursprünglichen 10 Bänden sind jeweils 10 bis 16 der insgesamt 124 Lieder enthalten. Zuweilen wurden anderweitige Sammeltitel wie z.B. "Moore’s Irish Melodies" oder "Moore’s Illustrated Melodies" verwendet.

Der Dichtermusiker Thomas Moore schrieb zu ausgewählten irischen Volksweisen jeweils einen originären Liedtext in englischer Sprache. Anschließend komponierte der mitwirkende Komponist den Klaviersatz. Die Klaviersätze stammen aus den Federn von John Andrew Stevenson (Bände 1 bis 7) und Henry Rowley Bishop (Bände 8 bis 10). Die "Irish Melodies" wurden von den Verlegern James Power (London) und William Power (Dublin) in Auftrag gegeben. Durch die Liedersammlung sollte dazu beigetragen werden, irische Volksmusik einem breiteren Publikum zugänglich zu machen. Zu den "Irish Melodies" waren die Beteiligten nicht zuletzt von der Leistung des Dichtermusikers Robert Burns inspiriert worden, der innerhalb weniger Jahre durch Volksliedbearbeitungen maßgeblich zur Popularität schottischer Sprache und Volksmusik beigetragen hatte.

Die im Rahmen der "Irish Melodies" bearbeiteten Volksweisen entstammen zum Teil Edward Buntings "A General Collection of the Ancient Irish Music" (1796) und wurden zum Teil durch Gleichgesinnte eingereicht. Teilweise nahm Moore Änderungen der transkribierten Melodien vor, um diese mit den neuen Gedichten vereinen zu können. In einigen Fällen ist ungewiss, welche Volksmelodie als Vorlage für das jeweils betreffende Lied aus den "Irish Melodies" gedient hat. So weist z.B. "The Last Rose of Summer" (5. Band Nummer 3) Ähnlichkeiten mit zwei Volksweisen auf, nämlich "The Young Man’s Dream" und "The Groves of Blarney".

Die "Irish Melodies" beleuchten diverse Aspekte irischer Kultur. Es werden Orte, Ereignisse oder Persönlichkeiten berührt. Der Harfe, die nach wie vor eine wichtige Stellung in der Kultur Irlands einnimmt, wird mehrfach gehuldigt. Zu den betreffenden Liedern zählt "The Origin of the Harp" (3. Band Nummer 12) genannt. Das Gedicht fußt auf einer Sage, die von der Entstehung der ersten Harfe erzählt. Zugleich sind die Lieder vor dem Hintergrund der damaligen englisch-irischen Beziehungen zu verstehen. Irland stand seit Jahrhunderten unter englischer Herrschaft, der Aufstand 1798 hatte die erhoffte Selbstbestimmung nicht erwirken können. In einigen der Lieder ist der Bezug auf diese Aspekte unverkennbar, wenngleich keine Ereignisse oder Persönlichkeiten aus Gegenwart oder unmittelbarer Vergangenheit Erwähnung finden. Als Beispiel sei "Forget Not the Field Where They Perish’d" (7. Band Nr. 9) genannt. Dort werden zunächst gefallene Helden gepriesen, die tapfer gekämpft, jedoch die Hoffnung auf Freiheit mit ins Grab genommen haben. Danach wird die Tyrannei getadelt. Bei einigen der Lieder kommt Allegorie in Betracht. Zu diesen zählt "The Meeting of the Waters" (1. Band Nummer 12). Darin schildert die Erzählfigur wonnige Augenblicke, die sie gemeinsam mit Freunden an dem Zusammenfluss nahe dem Städtchen Avoca erlebt hat. Anschließend besingt die Erzählperson die Freundschaft und äußert den Wunsch, dass Menschenherzen - gleich den beiden Gewässern - friedlich zusammenkommen. Der Text kann einesteils als Idylle, anderenteils als Plädoyer für die Versöhnung betrachtet werden. 1798 sind Söhne Englands und Irlands bei Avoca gefallen. Der Klaviersatz ist ebenfalls mehrdeutig: Die ruhig fließenden Sechzehntel und zarten Nebenstimmen können einerseits als Schilderung labender Wasser und Lüfte, andererseits als Wiegenlied des Schmerzens interpretiert werden.

Die Liedersammlung hat schon nach der Erstveröffentlichung allgemeinen Beifall geerntet. Zugleich wurde das Werk mehrfach kritisiert, wobei einige Äußerungen die Verwobenheit von Ästhetik und Politik vermuten lassen: Edward Bunting, dessen Volksmusiktranskriptionen Bestandteil der "Irish Melodies" sind, warf zunächst Stevenson und später Moore vor, die Volksmelodien verdorben zu haben. Im Dublin Examiner erschien eine anonyme Rezension, in der die Klaviersätze von Stevenson als dilettantische Versuche beschrieben werden, die mit den besonderen Merkmalen der Volksweisen nicht vereinbar, höchstens aber für anspruchsloses Musizieren im Salon geeignet sind. Diese Kritik richtet sich augenscheinlich spezifisch an Stevenson, gilt aber
womöglich zugleich für Moore sowie für tonangebende englische Persönlichkeiten. Moore, der das Singen und Klavierspiel vorwiegend autodidaktisch gelernt hatte, wurde regelmäßig durch einflussreiche englische Familien zu Hauskonzerten eingeladen. William Hazlitt deutete - vermutlich im Gegensatz zu vielen seiner englischen Landsleuten - den gemäßigten Ton in Moores Gedichten als Befürwortung der Unterjochung des irischen Volkes. Nachdem weitere vergleichbare Worte gefallen waren, verbreitete sich das Gerücht, dass die englische Regierung die "Irish Melodies" unterdrücken wolle. Hinzukam der Stimmungswechsel im Kreis der Beteiligten: Ab 1813 stritten James und William Power um die Rechte. Die über mehrere Jahre erfolgten Prozesse und Verhandlungen kulminierten in dem Ausschluss von William Power und John Andrew Stevenson nach der Escheinung des siebenten Bandes. Einige der "Irish Melodies" behandeln das Verhältnis von Dichter, Musiker und Mitwelt. Folglich können sie als Antwort auf diese Ereignisse verstanden werden. Beispiele sind "O! Blame Not the Bard" (3. Band Nummer 3), "My Gentle Harp, Once More I Waken" (7. Band Nummer 1) und "Shall the Harp Then Be Silent" (8. Band Nummer 11).

Trotz der besorgniserregenden Entwicklungen hat die Beliebtheit der "Irish Melodies" angehalten und zugenommen. Die Gedichte wurden in diverse Sprachen übertragen. So legte z.B. Thomas Gounet eine Übersetzung ins Französische vor, die anschließend von Hector Berlioz unter dem Titel "Mélodies irlandaises" neuvertont sowie erstmals 1830 veröffentlicht wurde. Die Musik wurde mehrfach bearbeitet, nicht zuletzt von Benjamin Britten, dessen Arrangements 1960 unter dem Titel "Moore’s Irish Melodies" (4. Band der "Folksong Arrangements") erschienen. Des Weiteren wurden die "Irish Melodies" auszugsweise in Volksliedanthologien aufgenommen. "The Last Rose of Summer" war bereits im 19. Jahrhundert eines der weltweit beliebtesten Lieder. Allein in den Neuen Welt wurden anderthalb Millionen Exemplare verkauft. Ebenfalls interessant ist der Einfluss auf Bereiche wie Malerei oder Tourismus. 1842 vollendete Daniel Maclise das Gemälde "The Origin of the Harp", das eindeutig an das gleichnamige Lied von Moore und Stevenson anknüpft; und nach der Erscheinung von "The Meeting of the Waters" wurde die Gegend um Avoca sowohl in Europa als auch in Nordamerika zum beliebten Reiseziel erklärt.


Kontext

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