Übersicht | Projekt | Support/Material | Musiknachrichten | Chronik > 2024 | Quiz > | Mitmachen & gewinnen: Inselmusik-Quiz 2025 | Kalenderblatt 18. Oktober | Panorama | Gutenberg-Galaxis | Marktplatz | Community | Kontakt/Impressum | 21802 Artikel online | 2

Worlds of Music

Moerane,Michael Mosoeu   aus: WORLDS OF MUSIC

Der südafrikanische Pädagoge, Komponist und Dirigent schloss seine Schulausbildung und Lehrerausbildung parallel im Jahr 1926 ab. Zu diesen Zwecken hatte er jeweils das South African Native College (die heutige University of Fort Hare) und die Lovedale Training School besucht. Der damaligen Praxis entsprechend hatte Moerane bereits um 1921 die Befähigung zum Grundschullehrer erworben, anschließend neben Schulbesuch und Berufsausbildung als Schullehrer gearbeitet. Beginnend im Jahr 1922 lehrte er bis zu seinem Ruhestand Ende der 1960er Jahre an insgesamt acht Einrichtungen in Lesotho und Südafrika.

1930 schrieb sich Moerane als Fernstudent für den Bachelor of Music an der University of South Africa ein. Den Studienstoff erarbeitete er vorwiegend eigenständig. Mit dem nunmehr verschollenen "Album for the Young" gewann er 1936 den Esther Bedford Prize for Musical Composition am South African Native College. Bei dem preisgekrönten Opus handelt es sich der Überlieferung nach um ein klavierpädagogisches Werk, das von der gleichnamigen Stückesammlung von Robert Schumann inspiriert worden war. 1938 erschienen das Chorstück "Liphala" ("Flöten") und die Chorbearbeitung des Spirituals "Nobody Knows The Trouble I’ve Seen" bei Lovedale Press. Ab 1940 erhielt Moerane Unterricht vom österreichischen Musiktheoretiker und Komponisten Friedrich Hartmann. Der ehemalige Schüler Alexander von Zemlinskys und Joseph Marx’ war nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten nach Südafrika übersiedelt. Das Bachelor of Music-Studium schloss Moerane 1941 ab. Über seine musikalische Bildung vor 1930 sind zwei Tatsachen bekannt: In seinem Elternhaus hat ein Harmonium gestanden und er hat Bildungseinrichtungen besucht, an denen das Chorsingen gepflegt wurde.

Nach dem Studium konnte Moerane keine einschlägige Anstellung finden. Im Rahmen der bis 1994 in Südafrika praktizierten Segregation wurde Kunstmusik, die er mit besonderer Vorliebe praktizierte, weitgehend als Privileg der Weißen verstanden. Folglich unterrichtete er in den Jahren bis zu seinem Ruhestandsantritt als Schullehrer je nach Bedarf Englische Sprache und Literatur, Geschichte, Latein, Mathematik, Südliches Sotho oder Wirtschaftsarithmetik; und befasste sich in seiner Freizeit mit Musik. Er gab Klavierunterricht, leitete Chöre, wirkte als Juror bei Chorwettbewerben und organisierte diverse Musikveranstaltungen mit. Am längsten wirkte er in Queenstown, dem heutigen Komani. Dort gehörte er 1942 bis 1958 dem Kollegium der Queenstown Secondary School an (der späteren Bantu Secondary School). Interessanterweise lebte Moerane in Queenstown in derselben Straße wie die Musiker Todd Matshikiza und Lex Mona. Ebenfalls in dieser Stadt gründete er Anfang der 1950er Jahre das Jugendensemble African Springtime Orchestra, das er anschließend leitete. Vertreten waren Streichinstrumente, Querflöte, Klarinette, Trompete und Posaune. Das Spielen der Instrumente brachte Moerane den Jugendlichen selbst bei. Zu den Ensemblemitgliedern zählte sein Neffe Thabo Mbeki, der spätere Präsident der Republik Südafrika.

Als Mitglied der Cape African Teachers Association beteiligte sich Moerane Ende der 1950er Jahre am Protest gegen das Bantu Education Act. Der Erfolg blieb zunächst ein Traum: Das rassistisch geprägte Gesetz blieb in Kraft, Moerane verlor seine Stelle an der Bantu Secondary School. 1961 ermöglichte ein Ruf an die Peka High School dem Siebenundfünfzigjährigen einen Neuanfang im Nachbarland Lesotho. Neben der Lehrertätigkeit belebte Moerane das African Springtime Orchestra wieder, organisierte Musikwettbewerbe mit und brachte neue Musikwerke zu Papier. Zu seinen Schülern in Peka gehörte Zakes Mda, der in den Folgejahrzehnten namentlich als Literat Erfolge feiern sollte. Im Ruhestand wirkte Moerane am Aufbau der Musikabteilung des in Maseru gelegenen Lesotho Teachers Training College mit.

Viele der über 80 erfassten Musikwerke Moeranes sind verschollen. Bisher konnten die sinfonische Dichtung "Fatše La Heso" ("Mein Vaterland") sowie 50 a capella Chorkompositionen und -bearbeitungen gesichert bzw. aufgefunden werden. Weiterhin unauffindbar sind ein Oratorium, 28 a capella Chorwerke, ein Kammerorchesterwerk, 3 Kammermusikwerke (mit verschiedenen Besetzungen) sowie 5 Klavierwerke. Nach der Erscheinung von "Liphala" und "Nobody Knows The Trouble I’ve Seen" im Jahr 1938 wurden zu Lebzeiten Moeranes keine weiteren Werke veröffentlicht. Eine Auswahl der Chorwerke gingen – zum Teil im Zusammenhang mit Musikwettbewerben – von Hand zu Hand als Abschriften in Lesotho und Südafrika, wo sie sich nach wie vor großer Beliebtheit erfreuen. "Barali Ba Jerusalema" ("Töchter Jerusalems") und das Liebeslied "Della" wurden jeweils 1998 und 2008 von der Southern African Music Rights Organisation publiziert. 2020 erschienen die gesammelten Werke im Rahmen der an der Stellenbosch University untergebrachten African Composers Edition.

Stilistisch ist Moeranes Schaffen an der Schnittstelle zwischen Nachromantik und Neoafrikanismus (engl. "Neo-Africanism") angesiedelt. In vielen Chorwerken weisen Melodik und Harmonik den Einfluss der Spätromantik auf. So ähnelt zum Beispiel die Sopranstimme von "Sylvia" der Melodie von "Liebst du um Schönheit", dem fünften der Rückert-Lieder von Gustav Mahler. Die kühne Chromatik von "Mahakoe" ("Juwelen") führt an den Rand der Tonalität. Der Einfluss afrikanischer Musik spiegelt sich unter anderem in der Integration von Volksmelodien. In "Morena Tlake" ("König Geier") zitierte Moerane beispielsweise Enoch Mankayi Sontongas "Nkosi sikelel’ iAfrika", das bereits in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts Volksliedstatus erlangt hatte. Zudem thematisiert eine große Anzahl der Liedtexte Aspekte afrikanischer Kultur sowie den Dialog afrikanischer und abendländischer Zivilisationen. Als Beispiel sei "Ma-Homemakers" ("Familienfürsorgerinnen") genannt, dessen Worte Moeranes Gattin Beatrice Betty geb. Msweli verfasste. Der Liedtext beleuchtet die Stellung der Frau in schwarzafrikanischer Kultur als tragende Säule des Familien- und Gemeindelebens; und weist komplementär auf die 1935 gegründete Basutoland Homemakers’ Association hin, die sich für die Bildung und Gleichberechtigung afrikanischer Frauen im westlichen Sinne einsetzte. Dass Moerane mehrere Spirituals bearbeitet hat, spricht zudem für eine Verbundenheit mit afroamerikanischer Kultur. Nicht zuletzt erinnern "Ruri" ("Wahrlich") und "Sylvia" stellenweise an Spirituals und Ragtime.

Die 1941 im Rahmen des Bachelor of Music-Studiums fertigstellte sinfonische Dichtung "Fatše La Heso" enthält ebenfalls Elemente von Nachromantik und Neoafrikanismus: Form, Harmonik und Orchestration lassen auf spätromantische Vorbilder schließen, zugleich zitiert das Werk mehrere Volksmelodien aus Moeranes Heimatregion. "Fatše La Heso" ist die älteste erfasste Tondichtung aus der Feder eines schwarzen Südafrikaners.


Zeittafel (8)

190420. September * Michael Mosoeu Moerane (Mangoloaneng, Kapkolonie, Britisches Weltreich)
194417. November In Bedford nahe London leitet Clifford Curzon das BBC Symphony Orchestra in der Uraufführung der Tondichtung "Fatše La Heso" von Michael Mosoeu Moerane. Die Darbietung wird auf BBC Home Service und BBC African Service ausgestrahlt.
195021. Mai Vor 1000 Konzertgästen findet im New Yorker Town Hall die US-amerikanische Erstaufführung der sinfonischen Dichtung "Fatše La Heso" von Michael Mosoeu Moerane statt. Es musiziert das New York Chamber Orchestra unter dem Dirigat Dean Dixons.
1973Edgar Cree (Dirigat) und das National Symphony Orchestra of the SABC bestreiten die südafrikanische Erstaufführung von "Fatše La Heso", der Tondichtung von Michael Mosoeu Moerane.
198027. JanuarMichael Mosoeu Moerane (Bloemfontein, Republik Südafrika)
201529. September Im Rahmen der Weltmusiktage der Internationalen Gesellschaft für Neue Musik in Ljubljana bringt Valentina Štrucelj "Tombeau de Mosoeu Moerane" von Michael Blake in einer Fassung für Klarinette und vierkanaliges Tonband zur Uraufführung. Bei der Komposition des ursprünglich für Sopran-Birbyne und Tonband verfassten Werkes hat sich Blake von mehreren Werken Michael Mosoeu Moeranes inspirieren lassen.
202323. Mai Im Münchner Schwere Reiter gibt das Münchener Kammerorchester ein weiteres Konzert der seit 2015 bestehenden Reihe "MKO Songbook". Auf dem Programm stehen Werke der südafrikanischen Komponisten Michael Mosoeu Moerane, Cobi van Tonder, Matthijs van Dijk, Andile Khumalo, Mokale Koapeng und Priaulx Rainier. Die musikalische Leitung hat der südafrikanische Bratschist und Dirigent Xandi van Dijk inne.
202317. Oktober Am Johannesburger Standort des Goethe-Instituts wird die unter der Federführung von Christine Lucia entstandene historisch-kristisch ausgerichtete Ausgabe der gesammelten Werke Michael Mosoeu Moeranes vorgestellt. Die Vokalensembles Chanticleer Singers (Leitung Richard Cock) und Quava (Leitung Sabelo Mthembu) führen ausgewählte Chorwerke Moeranes auf.

Kontext

A cappella | Afrika | Bantu | Bearbeitung (Musik) | Chormusik | College | Harmonik | Komponist | Kultur | Lesotho | Melodie | Musik | Musikwettbewerb | Nachromantik | sinfonische Dichtung | Songtext | Spätromantik | Spiritual | Südafrika | Universität |

Kategorie "Moerane,Michael Mosoeu "

Übergeordnete Kategorien (3): Chorleiter | Komponist | Mann (Kategorie) |

©WORLDS OF MUSIC 2025