Aber Dvoráks Sinfonie Aus der Neuen Welt begeistert, ebenso der Gefangenenchor aus Verdis Nabucco und Orffs Carmina Burana . Die Leute klatschen begeistert, viele würden Söhne und Töchter am liebsten sofort zum Musikunterricht anmelden, als hätten sie im Chaos eine rettende Insel für ihre Kinder gefunden.
In dem Augenblick nämlich, als auf der Bühne des Festspielhauses in Bregenz die zarte, auratische Gestalt der polnischen Schriftstellerin Zofia Posmysz auftaucht, die, sechsundachtzigjährig, vorsichtig über den Schotter der Bahngleise hereingeführt wird vom Regisseur und Intendanten David Pountney; als sie sich dort verneigt und sich selbst begegnet in ihrem handfesten Abbild, der Opernfigur Martha, da meldet sich die alte Frage wieder, die seit der ersten amerikanischen Holocaust-Fernsehserie nie richtig verstummt war: Kann die Hölle von Auschwitz künstlerisch so verwandelt, verschönert und verkleinert werden, dass sie in einen Operabend hineinpasst, mit Arien, Soli, kontemplativen Ensembles und Freiheitschören?
Das stilistische Problem lautet: Beethoven lässt seine Oper als Singspiel beginnen, aber vom Auftritt des düsteren Gefangenenchors an führt er das Stück ins Hochdramatische.
Heute vor 150 Jahren: 11.10.1874 Kurz vor der Aufführung von Vincenzo Bellinis "Norma" bricht im Opernhaus in Tiflis ein Feuer aus und führt zur Zerstörung des Gebäudes.