Heitor Villa-Lobos wurde am 5. März 1887 in der Nähe von Rio de Janeiro geboren. An jedem Samstag spielten bekannte Musiker bis in die frühen Morgenstunden im Haus der Villa-Lobos, was den jungen Heitor sehr beeindruckte: Mit sechs Jahren begann er bei seinem Vater (der in der Nationalbibliothek arbeitete und Hobbymusiker war) Cello zu lernen. Von seiner Tante Fifinha bekam er die Präludien und Fugen des "Wohltemperierten Klaviers" von Johann Sebastian Bach, die ihn sehr faszinierten. Seine wohl bekanntesten Werke, die "Bachianas brasileiras" zeigen seine Auseinandersetzung mit dem deutschen Barock-Komponisten.
Auf Reisen mit der Familie in die Umgebung Rios und nach Minas Greais lernte er brasilianische Folkloretraditionen wie Caipiras u.a. kennen, die später auch durch seine Kompositionen bekannter wurden. In Rio war um die Jahrhundertwende der Choro die verbreiteste Musikform, die auf Parties und im Carnaval gespielt wurde. Beieindruckt von dieser Musik begann Villa-Lobos heimlich Gitarre zu lernen, denn seine Eltern wollten mit dieser Art von Musik nichts zu tun haben, deren Komponisten ihrer Meinung nach vermutlich Kriminelle waren. Es dauerte bis 1920, daß er mit seinem "Choros"-Zyklus (vierzehn Stücke für verschiedene Instrumentalbesetzungen) seine moderne Interpretation dieser lebendigen Musik schuf: Er veröffentlichte den Choros No. 1 für Gitarre.
Als sein Vater 1899 starb, konnte seine Mutter Villa-Lobos’ Interesse an der Volksmusik Brasiliens nicht mehr bremsen. 1905 reiste er durch Espirito Santo, Bahia und Pernambuco und suchte auf Zuckerrohrplantagen und abgelegenen Farmen nach unentdeckter Volksmusik. Nur kurze Zeit später begab er sich für mehr als drei Jahre auf mulikalische Spurensuche in das Amazonasgebiet im Norden und Nordosten Brasiliens. In seinen Kompositionen "Amazonas" und "Uirapuru" finden sich Einflüsse dieser Reisen.
1915 trat Villa-Lobos ertmals als Komponist in Erscheinung, wobei er seinen Lebensunterhalt als Cellist in Theater- und Kinoorchestern verdiente. Viele brasilianische Musikkritiker hielten seine Kompositionen jedoch für zu modern, wogegen sich Villa-Lobos später vehement verteidigte. Mit zunehmendem europäischen Einfluß und einer jungen Generation, die die Traditionen des vergangenen Jahrhunderts in Frage stellte, änderte sich jedoch die Einschätzung seiner Musik: In der "Woche moderner Kunst" 1922 führte Villa-Lobos u.a. "Dancas Characteristicas Africanas" mit Erfolg auf.
Freunde ermunterten ihn nicht nur, nach Europa zu gehen, sondern hatten die Fahrkarte nach Paris schon gekauft, bevor sich die Stadtverwaltung Rios entschloß, seine Reise zu finanzieren. 1923 brach Villa-Lobos zu seiner ersten, einjährigen Europa-Reise auf. Er führte sich in nur einem Jahr in die Musikszene ein: Er fand einen Musikverlag (Max Eschig) und Arthur Rubinstein - den er schon in Brasilien kennengelernt hatte - und Vera Janacopulus führten seine Werke in verschiedenen europäischen Staaten auf. Im Gegensatz zu anderen Komponisten aus Nord- und Südamerika (Astor Piazzolla, George Gershwin), war er jedoch von unerschütterlichem musikalischem Selbstbewußtsein. Der Dichter Manuel Bandera beschrieb ihn bei seiner Rückkehr nicht als "voll von Paris" sondern "voll von Villa-Lobos". Ein Werk beeindruckte ihn jedoch doch zutiefst: Stravinskys "Sacre du Printemps", das er als als emotional beeindruckendste Musik seines Lebens bezeichnete. 1927 trat Villa-Lobos seine zweite Reise nach Paris an und etablierte sich als innovativer Komponist und Dirigent, der in der wichtigsten europäischen Hauptstädten gastierte.
Der Aufenthalt in Sao Paulo anläßlich eines Konzertes, das er 1930 auf Einladung dort absolvierte, öffnete ihm die Augen in Bezug auf den mangelhaften brasilianischen Musikunterricht. Er arbeitete einen Plan zur Reformierung der Musikerziehung im Staat Sao Paulo aus und kehrte, als dieser akzeptiert wurde, nach Brasilien zurück. 1931 baute er in Sao Paulo einen 12.000-stimmigen Chor aus allen sozialen Schichten auf. Zwei Jahre später führte er Musik und Singen auch im Musikunterricht des Staates Rio de Janeiro ein. Mit Unterstützung des damaligen Staatspräsidenten G. Vargas gründete er 1942 das "Conservatório Nacional de Canto Orfeônico", das Musikerzieher in Chorleitung, Musikgeschichte, Tonträgeraufnahmen u.a. ausbilden sollte.
Villa-Lobos wollte nur aufgrund der Anerkennung seiner musikalischen Werke, nicht aber wegen zwischenstaatlicher, politischer Überlegungen in den USA gastieren. Leopold Stokowski und Werner Janssen luden ihn 1944 zu einer US-Tournee ein, der noch einige folgten. Er lernte einige bedeutende amerikanische Komponisten kennen und erhielt mehrere Auszeichnungen und Werkaufträge. Zu seiner berühmtesten Komposition wurde die "Bachianas Brasileiras No. 5" für 8 Celli und Sopranstimme. Zeittafel (3)
1887 5. März Heitor Villa-Lobos wird in der Nähe von Rio de Janeiro geboren. 1959 17. November † Heitor Villa-Lobos 2020 31. Dezember Auf dem Programm des Silvesterkonzertes der Berliner Philharmoniker in der Philharmonie Berlin stehen u.a. Joaquín Rodrigos "Concierto de Aranjuez", Nikolaj Rimsky-Korsakows "Capriccio über spanische Themen", Heitor Villa-Lobos’ "Bachianas brasileiras Nr. 4" sowie die Leonoren-Ouvertüre Nr. 3 von Ludwig van Beethoven. Kontext
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Stand: 08.10.2024, letzte Änderung: 12.12.2021
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